Bürgerkrieg in Nepal (geschrieben april 2001)
12.2.1996: Beginn des People`s War in 3 Distrikten
Bis März 2001 Ausbreitung des Konflikts auf 57 Distrikte (Nepal hat 75 Distrikte) mittlerweile über 2000 Tote (Stand April 2001)
Mindestens 50% der von der Polizei getöteten dürften laut AMNESTY INTERNATIONAL vorsätzlichen Tötungen zum Opfer gefallen sein (man könnte auch ermordet sagen)
44 Menschen sind in Polizeigewahrsam verschwunden, darunter auch Rechtsanwälte (Stand März 2001)
Bis Februar 1996 war Nepal ein friedliches Land, dies ist nun vorbei, allein in den letzten 5 Jahren kam es bei Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Militär gegen sogenannte Maoisten zu mehr als 1900 Toten. In Kathmandu selbst geht es noch relativ friedlich zu, doch auch hier wurde die erste Bombe gezündet (Auto eines Politikers). Am 5.3.99 kam es zu einem Überfall auf die Polizeistation in Chiraghat im Distrikt Dang bei dem alle sieben anwesende Polizisten getötet wurden. Am selben Tag an anderer Stelle wird der CPN-UML (Comunist Party Nepal - United Marxist Leninist) Yadu Gautam in Garayala Village von einer Gruppe Männer mit Kukhuris (Nepalesisches Hackmesser) erschlagen. Häufig geraten Lehrer in die Schusslinie, denn entweder repräsentieren sie die verhaßte Regierungsmacht aus dem fernen Kathmandu oder sie machen die einheimische Bevölkerung schlau, somit sitzen sie zwischen den Stühlen. Mittlerweile erhielten wir die Nachricht, daß am 11.3.99 im Distrikt Dang weitere 14 Tote bei drei Massakern zu beklagen sind. Bei der Auseinandersetzung in Chunwang waren laut Angaben des Senior Polizeisuperintendent Gopal Man Shresta, die 4 Erschossenen 3 boys (boy = Knabe, Junge, Bube, Bursche) und ein girl (Mädchen). Bei den Toten wurde ein Gewehr und einige andere Ausrüstungsgegenstände gefunden. Wie mag es wohl ausgesehen haben, wenn eine gut ausgerüstete Polizeitruppe auf ein Mädchen und 3 Jungs trifft, die ein Gewehr (selbstgemachte Flinte) und einige Ausrüstungsgegenstände (vielleicht ein Feuerzeug oder ein Taschenmesser) hatten und nun erschossen sind? Quo vadis Nepal?
Im Februar 2000 war eine Amnesty International Delegation in Nepal um auf die massiven Menschrechtsverletzungen (Massaker, Verschwinden in Polizeigewahrsam, Folter) hinzuweisen und einen Dialog zwischen Regierung und Aufständischen anzumahnen. In dieser Woche kam es nun zu den schwersten Gefechten. Die Aufständischen überfielen einen Polizeiposten und töteten 18 Polizisten. Zwei Tage später wurden von der Polizei 19 Menschen getötet und über 100 Häuser in Brand gesteckt. Zur gleichen Zeit wird berichtet das eine Meuterei schlecht bezahlter Polizisten zu befürchten ist, die sich nicht länger in Unruhegebieten abschlachten lassen möchte. Nun sollen Soldaten hingeschickt werden. Bis jetzt April 2001 kam es noch nicht zum Einsatz von Soldaten. Im April 2001 kam es zur Anklage gegen 16 Polizisten die sich den Maoisten kampflos ergaben.
Nepal war schon immer ein Vielvölkerstaat, in dem sich die einzelnen kleinen Königreiche selbstständig verwalteten. Die Bewirtschaftung eines so schwierigen Gebiets wie dem Himalaya wird sich nur in Selbstverantwortung der einzelnen Regionen sinnvoll gestalten lassen, wie bereits in früheren Zeiten. Vor über 20 Jahren wurden in Nepal in allen Distrikten Polizeiposten errichtet, teilweise in Kombination mit einer Schule. Die stationierten Polizisten sprachen und sprechen größtenteils auch heute nicht die Sprache der Einheimischen, lösten aber mit ihren Autoritätsanspruch die bestehende Ordnung auf. In der Schule wird eine Sprache gesprochen, die die Eltern nicht sprechen, und die dort vermittelten Werte kommen aus Kathmandu. Bezeichnenderweise wird in vielen Gebirgsregionen von Nepal gesprochen, wobei Kathmandu gemeint ist. Mit der Errichtung von Treckingrouten kam weiteres Ungleichgewicht in die Berge. Diejenigen, die in einer Ortschaft an der Treckingstrecke ein Anwesen haben oder hatten sind eventuell in der Lage eine Lodge zu eröffnen. Die Einnahmen, die durch den Verkauf von Nahrung erzielt werden, übersteigen ein Vielfaches von dem, was sich auf dem lokalen Markt erzielen läßt. Da es keine Überschußproduktion gibt, verteuert sich für die lokale Bevölkerung die Lebenshaltungskosten. Dies mündet darin, dass die nicht am Trekkinggeschäft unmittelbar Verdienenden für die Lodge-Betreiber als Träger arbeiten müssen, um ihre Verschuldung aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten abzuarbeiten. All dies bietet nun den idealen Nährboden für ethnische und sozialpolitische Konflikte. Die geistige und politische Bewältigung der Probleme hat in Nepal noch nicht begonnen, im Gegenteil jeder Konflikt wird vereinfacht. Es waren und sind immer die Maoisten, die als Aufständische gelten, doch wer die Infrastruktur in Nepal kennt, muss sich wundern über die den Maoisten zugeschriebenen logistischen Fähigkeiten. Eigentümlicherweise redet niemand von den Menschen die getötet werden.
1990 wurde aufgrund großen Drucks aus der Bevölkerung, der sich in Massendemonstrationen kundtat, die Monarchie von König Birendra Bir Birkam Shah Dev in eine parlamentarische Demokratie umgewandelt und alle politischen Häftlinge amnestiert. Bei diesen Demonstrationen wurden über Hundert Demonstranten von der Polizei erschossen. Genau diese Polizei geht heute mit äußerster Brutalität gegen die Opposition des Landes vor, und keiner der Politiker, die jetzt an der Regierung beteiligt sind und zum Teil vor 1990 politische Gefangene waren, wagt sich an die Umstrukturierung dieser Polizei. So mahnt AMNESTY INTERNATIONAL politische Erziehung für nepalesiches Polizisten an!
Eine Wochenchronologie: 2. April 2001: 3. April 2001:4. April 2001:5. April 2001:6. April 2001:7. April 2001 Dies war die bisher opferreichste Woche seit der Erklärung des People`s War am 12. Februar 1996. Es wurden 68 Polizisten getötet, über 50 Polizisten verwundet, 23 Polizisten entführt und 3 werden vermißt hinzu kommen eine unbekannte Anzahl verwundeter und getöteter Aufständischer. |